Johann Heinrich Voß (1751-1826) Leben und Werk (3)
einrich Christian Boie hatte ihm die Herausgabe seines Musenalmanachs überlassen, und obwohl Voß damit bereits über gewisse, wenn auch nicht allzu sichere Einkünfte verfügte, dauerte es noch bis 1777, ehe Ernestines Mutter zur Einwilligung in die Hochzeit der beiden bewegt werden konnte - einem Kandidaten ohne festes Amt mochte sie ihre Tochter nicht geben, und es bedurfte großer Hartnäckigkeit und am Ende auch eines hart an Erpressung grenzenden Schachzugs der beiden Verlobten, um Sie zur Änderung ihrer Meinung zu bewegen. Das von Mutter Boie verlangte Amt bekam Voß dann 1778, als er die Rektorstelle an der Lateinschule in Otterndorf (im Land Hadeln an der Niederelbe) antrat. Die junge, stetig wachsende Familie – von den später 5 Söhnen war der erste bereits in Wandsbeck zur Welt gekommen, zwei weitere wurden in Otterndorf geboren – hatte so ein gesichertes Einkommen, wenn ihr auch die damals in Hadeln grassierende Malaria und Voß die hohe Arbeitsbelastung als Lehrer arg zusetzte, die ihm wenig Zeit für seine Dichtungs- und Übersetzungsprojekte ließ. So nahm er 1782 die ihm von seinem Hainbundfreund Friedrich Leopold Stolberg vermittelte Rektorstelle in Eutin an, und in Eutin begann die produktivste Periode seines Lebens, die bis 1802, also genau zwei Jahrzehnte
andauerte. Hier überarbeitete und vollendete Voß seine Homer-Übersetzung (die »Odüßee«war in einer ersten Fassung bereits in der Otterndorfer Zeit 1781 erschienen) und übersetzte eine große Zahl klassischer Autoren (von Hesiod bis Vergil, Horaz und Ovid), hier dichtete er die »Luise« sowie eine große Zahl lyrischer Gedichte, und von hier aus redigierte er bis 1800 seinen jährlich erscheinenden Musenalmanach. Zusammen mit seinen die Übersetzungen begleitenden philologischen Studien (u.a. zur antiken Geographie und Weltkunde) und den übrigen kleineren Publikationen (u.a. Streitschriften) ist dies eine enorme Leistung – auch wenn man bedenkt, dass die Arbeitsbelastung als Rektor der Eutiner Schule lange nicht so groß war und Voß hier weit größere Freiheiten in der Ausgestaltung seines Amtes hatte als in Otterndorf. In den zwanzig Jahren seines Wirkens in Eutin ist der nicht nur quantitativ, sondern wohl auch qualitativ wichtigste Teil des Vossischen Werkes entstanden.
Eutin um 1820
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